Freitag, 3. Oktober 2014

Ironman Mallorca 2014 – ein Drama in 3 Akten

Einige Tage nach dem Rennen habe ich mir die Zeit und Muße genommen, ausführlich von meinen Erlebnissen rund um den Ironman Mallorca zu berichten...


I. Prolog:

Der Ironman Mallorca sollte in diesem Jahr der Höhepunkt im Wettkampfkalender werden.
Dem stand zunächst nichts im Weg: die Vorbereitung und auch die Half Challenge Walchsee liefen top! So bin ich zuversichtlich und auch mit einer gewissen Erwartungshaltung eine Woche vorher auf die Insel gereist. Besonders auf die selektive und Landschaftlich herausragende Radstrecke habe ich mich gefreut.
Doch beim lockeren „Akklimatisierungslauf“ habe ich, ohne Vorwarnung und ohne Trauma plötzlich Schmerzen im linken Fuß verspürt. Weiterlaufen war nicht möglich.


Was war das? Der Fuß und auch die angefertigten Röntgenbilder waren völlig unauffällig. Vielleicht nur ne Zerrung/ Sehnenreizung? In der Hoffnung, daß es sich nur um eine kleine Sache handelt bin ich bis zum Rennen nicht gejoggt. Ich hatte im Prinzip auch keine andere Wahl als abwarten...Gehen, Schwimmen und Radfahren waren schmerzfrei möglich.
Trotz der Ungewißheit habe ich beschlossen, das Rennen normal zu bestreiten. Nur auf das Einlaufen habe ich verzichtet.


II. Das Rennen:


Wir Profifrauen sind 2 Minuten nach den Pro- Männern und 3 Minuten vor dem restlichen Feld aus 2500 Starten in der Bucht von Alcudia gestartet. Ein Non- Wetsuit Swim- hatte ich diese Saison noch nicht im Freiwasser- ist mir aber nicht unrecht. Tolle Schwimmstrecke mit Landgang und jeweils relativ langen Flachpassagen mit Delfinsprüngen. Das Schwimmen ist bei mir immer eine Wundertüte, aber heute lief es top! Ich musste nicht wie gewohnt alleine dem Feld hinterher schwimmen, sondern hatte die ganze Zeit über gute Füße. Nach dem Landgang nach 2,5 km kamen auch zunehmend die schnelleren Agegrouper, deren Pace ich mitgehen konnte.
Nach 56:59 min kam ich an Land. Nur 7 Minuten Rückstand auf die Spitze und gerade mal 2-3 Minuten auf das Frauenfeld! Für mich eine überraschend gute Ausgangsposition!

Doch bereits die ersten Schritte verursachten Schmerzen im Fuß! Nicht ungewöhnlich bei einer Sehnenreizung und der Kälte des Wassers...Also etwas unrund und langsam durch die extrem lange Wechselzone und aufs Rad! Hier war ich in meinem Element! Der Fuß beruhigte sich relativ schnell, ich konnte meine anvisierten Wattwerte kontrolliert gut einhalten und merkte nach dem Wendepunkt bei 35 km, dass ich meinen Rückstand verringern konnte. Läuft!


Aber langsam aber sicher wurde am km 50- 60 das Feld durch die aufholenden Agegrouper immer dichter und man musste richtig aufpassen um den erlaubten Abstand zu halten.

Bei ca. km 65 zeigten sich noch nie gesehene Zustände: Ein Pulk aus ca. 50 Athleten in dem sich mit Ausnahme der beiden führenden Profrauen Griesbauer und Petterson die eingeholten Mädels befanden. Viererreihen, Rechtsüberholen, Stürze und vor allem Frust prägte das Bild. Katastrophe!


Wie soll man sich da verhalten? Nicht nur ich sondern auch die anderen Pros waren ratlos. Mehrfach habe ich abgebremst um den Abstand zu einzuhalten, aber immer wieder sind die Lücken durch Athleten geschlossen worden. Links fahren oder mal vorne Fahren um möglichst wie erfordert im Wind zu sein.

Zu dem Zeitpunkt befand ich mich bereits als 3. Frau an der Spitze des Feldes und wurde nahezu vollständig von Schiedsrichtern begleitet. Hat leider nicht gebracht. Das Feld blieb lange zusammen.

Gerade als starke Radfahrerin wünscht man sich eine solche Situation sicher nicht! Philipp Mund hat aus der Sicht eines betroffenen Agegroupers seine Erfahrungen die ich zu 100% teile niedergeschrieben. Hier geht es zum Artikel.

Mein Appell.

Liebes Ironman Team: bitte gebt den Profrauen einen realistischen Startvorsprung von mindestens 15 Minuten. Und um das Rennen auch für alle Agegrouper fair zu gestalten: wie wäre es mit einem Wellenstart oder einer Änderung im Streckenverlauf?

So konnte ich mich über 30 km auch nicht wirklich von den anderen Mädels absetzen. Erst dann entzerrte sich das Feld und am Anstieg zum Kloster Lluc konnte ich Boden gut machen. Auch die relativ flachen letzten 40 km mit ordentlichem Gegenwind hatten es in sich! Meine Beine waren gut, keine Schmerzen im Fuß, ich konnte gegen Ende noch ein paar Watt drauf legen und als 2. Frau mit nur 30 Sekunden vom Rad steigen. Ich habe mich richtig auf den Marathon gefreut...


Beim ersten Schritt wurde ich aber auf den Boden der Tatsachen geholt. Höllenschmerzen im Fuß! Shit! Ich konnte kaum mein Rad zum Wechselplatz humpeln. Und auch der klägliche Versuch mit Laufschuhen auch nur 5 Meter zu gehen war mehr als ernüchternd! So bin ich durch die nie enden wollende Wechselzone an all den Zuschauern gehinkt und mußte dann das Rennen abbrechen!
Wirklich bitter!

Den bis dato (mal abgesehen von den Gegebenheiten auf der Radstrecke) perfekten Tag erwischt. Mit einer soliden bis mäßigen Laufleistung wäre ein Podium alles andere als unwahrscheinlich, denn die Laufform war ja da....
Ehrlich gesagt, das zu schlucken war hart!

III. Epilog:

Zwei Tage später zurück in Deutschland erbrachte das MRT Klarheit: Eine Marschfraktur des 2. Mittelfußknochens!

Auch nach ausführlicher Ursachensuche finde ich keinen Fehler oder Störfaktor. Keine Vorboten, Vorsicht in Bezug auf Laufumfänge und Vorermüdung, gute Ernährung und Schuhwerk, realistische Rennplanung. Kurzum: ich würde nichts anders machen- einfach Pech gehabt!


Positiv an der ganzen Misere muß ich die tolle medizinische aber auch „psychologische“ Unterstützung von Freunden, Familie, Bekannten und Kollegen schätzen! Danke auch allen!

Und: die Form war da! So werde ich 2015- im schlimmsten Fall auch etwas verspätet erneut angreifen!